Auch ohne seinen Chef John Eliot Gardiner war der Auftritt des Orchestre Révolutionaire et Romantique und des Monteverdi Choir ein Höhepunkt des Musikfests.
Hector Berlioz’ letzte Oper „Les Troyens“ nach Vergils „Aeneis“ ist ein Monstrum. Nicht nur wegen ihrer Spieldauer – die Aufführung am Freitag in der Philharmonie dauerte von 17 bis 22.30 Uhr. Während1858/59 mit „Tristan und Isolde“ eine vollkommen neue Musik entwirft, sehnt sich Berlioz ins 18.
Der Klang ist streicherbasiert; zuweilen kopiert Berlioz Figurationen direkt aus der Klassik. Es gibt zugleich enorme Farben dort, wo sie auch die alte Oper kannte, in den Geistererscheinungen der Ombra-Szenen: Hektors Schatten erscheint mit gestopften Hörnern und später im Wechsel eines tiefen Bläsertons mit einem pfeifenden Flageolett-Akkord der Sologeigen.
In dieser eigenartigen Melange aus bald 100 Jahre verspäteter Reformoper und avantgardistischem Klangempfinden wirkt das Werk fast postmodern. Statt wie Wagner im alten Mythos zu ahnen, präsentiert Berlioz als sein eigener Librettist das Werk in klassizistischer Klarheit und wählt dazu die passende Tonsprache – der einst radikale Avantgardist der „Symphonie fantastique“ wird Klassizist.
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